Von Gibraltar bis Gran Canaria

Wie schon erwähnt, haben wir in der ersten Nacht in der Bucht von La Linea geankert. Gegen 21:00 Uhr lief die Dilly Dally ein und ist direkt in die Marina gefahren. Am nächsten Morgen war auch noch alles in Ordnung. Aber trotzdem sind wir dann auch in die Marina gegangen. La Linea liegt noch auf spanischem Territorium. Wenn man nach Gibraltar möchte, muss zum einen durch die englische Grenzkontrolle (obwohl hier von Kontrolle kaum die Rede sein kann) und dann noch über die Start/Landebahn des Flughafens gehen bzw. fahren. Wenn ein Flugzeug starten will oder im Landeanflug ist, wird die Strasse kurz gesperrt und dann geht es normal weiter.

Jetzt waren wir alle wieder zusammen und haben auf ein Wetterfenster gewartet, um nach Lanzarote zu segeln. Einzig die AMELIJA lag in einem Nachbarhafen, weil es dort günstiger war. Und wir lagen auch nicht alle am gleichen Steg. Jan, mit dem größten Boot MAKAMAE, lag am ersten Steg (später noch die INSIEME), DILLY DALLY und wir am zweiten Steg und STRAWANZA und TINO am dritten Steg.

Zu Anfang war das Wetter auch noch ziemlich gut. Wurde aber von Tag zu Tag schlechter und kälter. Zum Ende hin nur noch 13 Grad. Tagsüber wohlgemerkt. Und extrem windig und regnerisch. Natürlich aus West. Ganz schlecht für uns. Also hieß es mal wieder warten. Und sich die Zeit vertreiben. Das kann man z. B. dadurch machen, indem man versucht, das Fahrrad, was in der Nacht ins sieben Meter tiefe Hafenbecken geweht wurde, wieder einzufangen. Aber mit dem Dinghianker und etwas Geduld hat es geklappt. Oder Haare schneiden. Oder Kuchen backen, lesen, Filme gucken usw. Geht auch.

Natürlich wollten wir auch auf den Affenfelsen. Wenn man schon mal da ist, muss man das auch machen. Nur lag der Felsen ständig in Wolken und es sollte zunächst einfach nicht sein. Wir mussten also warten. Zeit hatten wir ja mal wieder genug. Denn es war weit und breit kein Wetterfenster in Aussicht.

Am Nikolaus hat dann die STRAWANZA zum Punsch-Abend geladen. Und natürlich waren auch alle da. Wieder mal ein sehr netter Abend…

An meinem Geburtstag hatte sich das Wetter dann doch mal für einen Tag beruhigt und sich von seiner schönen Seite gezeigt. Das war für uns das Zeichen, endlich auf den Affenfelsen zu kommen. Wir sind dann mit dem Fahrrad zur Talstation der Seilbahn gefahren und haben uns dort Tickets für das ganze Programm gekauft. Also nicht nur die Seilbahn, sondern auch den Zutritt zur Tropfsteinhöhle. Und das hat sich wirklich gelohnt.

Die Aussicht vom Felsen war beeindruckend und die süßen Affen sowieso. Obwohl die teilweise gar nicht süß sind, sondern äußerst frech, wenn sie bei einem Menschen Essen in der Hand sehen. Dann werden sie zu diebischen Raben. Und die Tropfsteinhöhle war gigantisch. Mit Musik und Farbanimation wird dort die Entstehungsgeschichte an die Höhlenwände projeziert. Absolut genial gemacht.

Abends wurde ich dann von einer Horde Menschen überrascht. Nicht, dass ich das schon geahnt hätte. Aber schön war es trotzdem. Ich habe einen wundervollen Geburtstag an Bord von AVALON verlebt.

Ständig standen wir im Austausch miteinander. Immer wieder hieß es: Dann und dann können wir los! Aber am nächsten Tag war das Wetterfenster schon wieder geschlossen. Es sind immerhin gut 600 sm nach Lanzarote. Also knapp 1.200 km. Da braucht man schon mal mindestens für fünf Tage ein Wetterfenster.

Aber keine 2,5 Wochen später war es soweit. Bis dato zog ein Tief nach dem anderen über den Atlantik Richtung Süd-Europa. Und wir immer mitten drin. Normalerweise hätte sich zu diesem Zeitpunkt schon lange das Azorenhoch, was für beständige Passat-Winde sorgt, ausbilden müssen. Hat es aber nicht. Tja, kannste machen nix! Außer warten. Aber in der netten Gesellschaft war es nun auch nicht so schlimm.

Jedenfalls tat sich nun ein Wetterfenster auf, was zwar keinen stabilen Passat angesagt hatte, sondern eher viel Flaute, aber immerhin kein Weststurm mehr. Und so ist unsere kleine Flottille am 17. Dezember noch kurz nach Gibraltar zum Tanken gefahren – dort ist der Sprit deutlich günstiger, weil steuerfrei – und hat sich dann auf den Weg nach Lanzarote gemacht. Segeln war nicht viel. Und wir haben uns größtenteils auch aus den „Augen“ verloren. Aus den Augen geht schnell. Da reichen 5 – 6 sm und man sieht sich nicht mehr. Was ich meinte, ist die Funkreichweite. Die STRAWANZA war so ziemlich in der Mitte und diente so als Relaisstation, um den Kontakt zu den anderen aufrecht zu erhalten. Außerdem waren wir per Sattelitentelefon und der PredictWind-App miteinander verbunden und konnten immer sehen, wo die anderen waren. Die MAKAMAE und wir haben die Führungsrolle übernommen, sind aber doch am Ende unterschiedliche Routen gefahren. Wir hatten uns auf die Vorhersage verlassen, dass in der Bucht von Agadir perfekter Wind auf uns warten würde und sind weiter nach Süden gelaufen. Alle anderen sind schon früher auf direkten Kurs Lanzarote gegangen. Und wurden bestraft. Nicht so wir. Denn der Wind war dort unten genauso, wie vorhergesagt. Nach tagelangem Motoren eine Wohltat, endlich mal wieder zu segeln. Und das auch noch mit perfektem Wind.

So waren wir dann auch die ersten, die auf Lanzarote angekommen sind. Leider spät abends im Dunkeln. Es ist immer wieder eine Herausforderung, im Dunkeln in ein unbekanntes Gebiet einzufahren. Hat aber geklappt und selbst zu später Stunde hat uns noch ein Mariniero in Empfang genommen. Obwohl besser gesagt, haben wir uns irgendwo an einen freien Platz in der Marina gelegt und gewartet, ob jemand kommt. Aber kam ja.

So nach und nach trudelten dann auch alle anderen ein und unsere Flottille war wieder komplett. Nun hatten wir es endlich geschafft, auf die Kanaren zu kommen. Sechs Wochen später, als geplant. Wir persönlich finden Lanzarote nun nicht so spannend, weil es eigentlich nur ein Aschehaufen ist. Vegetation ist dort sehr spärlich und wenn, dann meistens künstlich angelegt. Aber es war halt das dichteste Ziel. Nun hieß erst mal wieder ein wenig zu relaxen. Für uns war es der längste Trip, den wir je gefahren sind. 5 Tage und 9 Stunden haben wir gebraucht. Obwohl wir eigentlich nur zwei bis drei Tage bleiben und uns dann auf den Weg nach Gran Canaria machen wollten, wurde es doch mal wieder länger. Der Grund: Natürlich der Wind. Und zwar ein ziemlich übler Wind. Kalima! Der Kalima ist ein sehr starker Wind aus Afrika, der dann auch noch jede Menge Saharastaub im Gepäck hat. Der Himmel färbt sich rötlich und es wird extrem diesig. Wir mussten also warten, bis der Kalima sich wieder gelegt hatte. Und dann stand auch noch Weihnachten vor der Tür. Also haben wir beschlossen, noch alle zusammen Weihnachten in Arrecife zu feiern und dann zur nächsten Etappe aufzubrechen.

Heiligabend haben wir eine Stegparty organisiert. Mit Grill und Punsch und jeder hat noch irgendwelche Leckereien mitgebracht. Angefangen mit unserer kleinen Truppe entwickelte es sich noch zu einer Großveranstaltung. Denn auch viele andere – meist Deutsche – kamen, durch Musik und Grillduft angelockt, noch dazu und haben mitgefeiert. Es war ein wundervoller Heiligabend.

Die Tage liefen so dahin mit Besichtigungen, Einkaufen oder einfach mal hier und da zu Besuch auf anderen Booten einkehren. Dann war Kalima vorbei und die MAKAMAE war die erste, die sich auf den Weg gemacht hat. Jan, der normalerweise alleine unterwegs ist, hatte nun noch Thorsten an Bord genommen. Ein Freund und alter Studienkollege, der ihn bis in die Karibik begleiten will. Es hatten sich nun auch zwei Lager gebildet. INSIEME, STRAWANZA und TINO wollten direkt von Lanzarote in die Karibik. MAKAMAE, AMELIJA, DILLY DALLY und wir haben uns erstmal für die Kap Verden entschieden. Zum einen, weil man da nicht so schnell wieder hinkommt und zum anderen, weil es dann nicht eine große (mindestens drei Wochen) Etappe wird, sondern sie nochmal geteilt wird. Allerdings sind wir nun nicht mehr als Flottille gesegelt. Wir sind zwei Tage nach der MAKAMAE Richtung Gran Canaria gestartet. Die AMELIJA musste noch nach La Palma und die DILLY DALLY konnte zunächst noch gar nicht los. Denn auf der Überfahrt nach Lanzarote hatte sie sich eine Plastikplane in den Propeller gefahren und seitdem ein komisches Geräusch vernommen. Das musste erst noch gecheckt werden, wozu das Boot allerdings aus dem Wasser musste. Und das war über die Feiertage nicht so schnell zu machen.

Am 30. Dezember sind wir dann aufgebrochen. Allerdings waren wir nun zu dritt. Wir haben einen Hitchhiker mitgenommen. Jaron, 19 Jahre alt und gerade Abi gemacht, möchte in die USA trampen, wo er seine Austauschfamilie besuchen möchte. Von den Hitchhikern gibt es eine große Gruppe, die in einschlägigen Häfen um Mitfahrgelegenheiten bitten. In Gibraltar hatten sie sogar ein kleines Zeltdorf. Jaron hatte auf der TINO für die Fahrt nach Lanzarote angeheuert. Allerdings wollte Michi mit seiner TINO alleine den Atlantik überqueren. Warum auch immer man das möchte? Im Nachhinein hat sich auch herausgestellt, dass das nicht wirklich eine gute Idee war. Michi ist an seine mentale Grenze gestoßen. Wundert mich nicht. Und weil Jaron nun kein Boot mehr hatte, haben wir uns kurzerhand angeboten, ihn mitzunehmen. Das sollte sich später auch noch als großes Glück erweisen.

Der zunächst schwache Wind hat im Laufe der Stunden aber stark nachgelassen, so dass wir mal wieder Motoren mussten. Aber gegen Abend setzte er wieder ein und hat die ganze Nacht durchgehalten. Am nächsten Morgen um 0800 sind wir in die Bucht von Las Palmas eingelaufen und haben den Anker geschmissen. Hier wollten wir ein paar Tage bleiben, Sylvester feiern, ein Auto mieten und die Insel erkunden und für den Atlantik nochmal Proviant aufnehmen.  Sylvester feiern und Proviant aufnehmen hat geklappt. Ein Auto mieten allerdings nicht. Durch die ganzen Kreuzfahrttouristen waren die meisten Autos ausgebucht oder exorbitant teuer. Sylvester haben wir an Bord verbracht, gegrillt und gespielt. Das Feuerwerk war vom Boot auch super zu beobachten.  Und die Spanier veranstalten auch mal ein amtliches Feuerwerk. Greta würde Schnappatmung bekommen.

Zwei Tage später sind wir bei zunächst totaler Flaute Richtung Pasito Blanco aufgebrochen. Der Ort liegt ganz im Süden von Gran Canaria und sollte uns als Absprunghafen zu den Kap Verden dienen. Allerdings nicht nur deswegen. Ich musste auch dringend zu einem Zahnarzt. Schon auf der Fahrt nach Lanzarote hat ein Zahn ziemlichen Streit gemacht und wollte und wollte sich einfach nicht beruhigen. Und in Pasito Blanco gibt es einen deutschen Zahnarzt mit sehr guten Bewertungen.

Die Hälfte der Strecke konnten wir dann noch segeln. Jaron wollte sich auch mal im Fischen üben und hat unsere Angel ausgeworfen. Und tatsächlich hatte er kurz vorm Ziel einen schönen Barracuda am Haken. Der wurde natürlich auch am selben Abend verspeist. Absolut köstlich!

Am nächsten Tag haben wir uns dann doch noch ein Auto gemietet. Hier waren die Preise moderat. Zunächst sind wir in die Hafenstadt Mogan gefahren. Da wollte ich eigentlich mit dem Boot hin. Aber der Hafen war voll. Ich war da schon vor etlichen Jahren mal und hatte den Hafen als sehr hübsch in Erinnerung. Ist er auch. Danach sind wir ins Landesinnere gefahren. Landesinnere bedeutet hier allerdings: Berg. Wir sind ausschließlich Serpentinen gefahren und haben für 25 Kilometer 40 Minute gebraucht. Aber die Aussichten an verschiedenen Orten haben sich gelohnt.

Am nächsten Tag hatte ich dann auch endlich meinen Zahnarzttermin. Die Schmerzmittel hatten schon gar nicht mehr gewirkt. Wie auch bei einer Wurzelentzündung? Hach, war das schön, als die Schmerzen endlich weg waren. Denn mitten auf dem Atlantik kann man sowas nun mal gar nicht gebrauchen. Nun waren wir bereit, die Atlantiküberquerung anzutreten. Zum Abschluss sind wir am Abend vor der Abfahrt im Restaurant im Hafen nochmal Essen gegangen und am nächsten Morgen aufgebrochen…

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